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Gefährdung des Kindeswohls – Kindsmutter darf ihren Sohn nicht beschneiden lassen

Das Oberlandesgericht entschied in seinem Urteil -3 UF 133/13-, dass die Mutter ihren sechsjährigen Sohn nicht beschneiden lassen darf und konkretisierte dabei die Voraussetzungen des § 1631d BGB für eine Beschneidung ohne medizinische Indikation.

Fall
Die geschiedenen Eltern aus Dortmund streiten in dem Verfahren darüber, ob die Kindsmutter den sechsjährigen gemeinsamen Sohn beschneiden lassen darf. Der Sohn lebt bei der Mutter aus Kenia, die auch das alleinige Sorgerecht hat.

Die Mutter möchte den Jungen entsprechend ihren kulturellen Riten ihres Heimatlandes Kenia beschneiden lassen, damit er bei Besuchen in Kenia als vollwertiger Mann angesehen und geachtet wird. Ein weiterer Grund der Mutter ist die Hygiene.
Gesetzliche Voraussetzungen für die Beschneidung liegen hier nicht vor

Das Oberlandesgericht Hamm entschied, dass der Sohn momentan nicht beschnitten werden darf und die Entscheidungsbefugnis über die Beschneidung dem zuständigen Jugendamt als Ergänzungspfleger übertragen bleibt.
Die Streitfrage der Eltern über die Beschneidung des Jungen könne zurzeit nicht zugunsten der Kindesmutter entschieden werden.
Nach der Vorschrift des §1631d BGB hat die Mutter zwar grundsätzlich das Recht, in die nicht medizinisch zwingend erforderliche Beschneidung einzuwilligen, solange ihr Sohn die Frage nicht selbst entscheiden kann.

Die Voraussetzungen für eine Einwilligung der sorgeberechtigten Mutter in eine Beschneidung liegen aber hier nicht vor.
Zwar sei ein sechsjähriges Kind noch nicht in der Lage über eine Beschneidung selbst zu entscheiden und die Eltern verpflichtet, die Beschneidung mit dem Kind in einer seinem Alter und Entwicklungsstand entsprechender Art und Weise zu besprechen und dabei die Wünsche des Kindes zu berücksichtigen.
Diese Voraussetzung wurde allerdings im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

Keine Aufklärung der Mutter
Eine weitere Voraussetzung ist, dass das Elternteil, was in eine Beschneidung einwilligen kann, über den Eingriff ordnungsgemäß und umfassend aufgeklärt sein worden muss.
Auch eine solche Aufklärung wurde hier nicht vorgenommen.

Psychische Beeinträchtigung des Kindes möglich
Im aktuellen Fall ist es gerechtfertigt, der Mutter die Befugnis zur Einwilligung in eine Beschneidung ihres Kindes zu entziehen. Momentan ist das Kindeswohl gefährdet, wenn eine Beschneidung vollzogen wird.

Die Motive der Mutter für eine Beschneidung seien zwar grundsätzlich nachvollziehbar, aber ihre Gründe haben hier ein geringeres Gewicht als das Kindeswohl, da der Lebensmittelpunkt in Deutschland ist.
Besuche in Kenia sind eher selten möglich und auch ist die Hygiene des Kindes nicht gefährdet.
Das Wohl des Kindes könnte beeinträchtigt werden und somit wird einer Beschneidung nicht zugestimmt.


Die am 28.12.2012 in Kraft getretene Vorschrift § 1631 d Bürgerliches Gesetzbuch - Beschneidung des männlichen Kindes - lautet wie folgt:
(1) Die Personensorge umfasst auch das Recht, in eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung des nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes einzuwilligen, wenn diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden soll. Dies gilt nicht, wenn durch die Beschneidung auch unter Berücksichtigung ihres Zwecks das Kindeswohl gefährdet wird.
(2) In den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes dürfen auch von einer Religionsgesellschaft dazu vorgesehene Personen Beschneidungen gemäß Absatz 1 durchführen, wenn sie dafür besonders ausgebildet und, ohne Arzt zu sein, für die Durchführung der Beschneidung vergleichbar befähigt sind.