ScheidungsgründeOstern, Weihnachten und Covid-19 – Warum steigen die Scheidungsraten 2020?

Deutschlandweit haben Scheidungsanwälte bestimmte Monate in ihrem Kalender rot markiert, in denen Überstunden und Wochenendarbeit an der Tagesordnung sind.

Was die Feiertage um Ostern und Weihnachten damit zu tun haben und warum im Jahr 2020 aufgrund der Pandemie fast der gesamte Kalender rot markiert gewesen sein dürfte, erfahren Sie im nachfolgenden Artikel.

Zahlen und Fakten

Doch zunächst etwas Statistik: Im Jahr 2019 wurden in Deutschland nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes insgesamt 416.340 Ehen geschlossen.

Im selben Jahr wurden ca. 149.000 Ehen geschieden, daraus ergibt sich eine Scheidungsquote von rund 35,79 Prozent. Auf eine Eheschließung im Jahr 2019 kamen rechnerisch also ca. 0,36 Ehescheidungen, oder anders gesagt: Mehr als jede dritte im Jahr 2019 in Deutschland geschlossene Ehe wird wieder geschieden werden.

Die durchschnittliche Dauer einer Ehe beträgt in Deutschland 15 Jahre, die meisten Ehen werden jedoch schon nach 6 Jahren wieder geschieden.

Anzahl Scheidungen Deutschland 2010 bis 2018

Die Grafik zeigt, dass die Anzahl der seit 2011 in Deutschland durch richterlichen Beschluss vollzogenen Ehescheidungen rückläufig war. Von gut 180.000 Scheidungen pro Jahr (2010) ging die Anzahl der Scheidungen auf knapp 150.000 runter. Mit einem Rückgang um 30.000 Scheidungen pro Jahr lässt sich die deutliche Tendenz feststellen, dass es immer weniger Scheidungen in Deutschland gegeben hat.

 Ostern und Weihnachten – Fest der Trennungen?

Wirklich interessant wird es dann, wenn man sich den Jahresverlauf der Scheidungsrate ansieht. Bestimmte Monate stechen immer wieder heraus und es wird ein Zusammenhang zwischen den Feiertagen und der Anzahl der Scheidungen deutlich.

Die meisten Deutschen assoziieren die Feiertage um Ostern und Weihnachten mit Zusammenkunft der Familie, viel zu ausgiebigen Festtagsmahlzeiten und einer Auszeit vom Job und dem Alltagsstress.

Für einige wenige Rechtsanwälte, die sich auf das Familienrecht spezialisiert haben, dürften die Feiertage in erster Linie dazu genutzt werden, sich bereits mental auf den bevorstehenden Ansturm an Scheidungsverfahren vorzubereiten.

Jedes Jahr aufs Neue zeigt sich besonders in den zwei Monaten nach Ostern im Mai und Juni sowie nach Weihnachten im Januar und Februar ein deutlicher Zuwachs der Scheidungsverfahren.

Es erscheint paradox, dass ausgerechnet nach dem Fest der Liebe die Scheidungsraten steigen, dabei handelt es sich jedoch tatsächlich um ein immer wiederkehrendes Phänomen.

Gerade die Anlässe, an denen die Menschen näher zusammenrücken, treiben scheinbar ihre Beziehungen auseinander.

Denn an den Festtagen verbringen wir viel mehr Zeit miteinander als sonst, wir sind den ungeliebten Angewohnheiten des Partners länger ausgeliefert, wir haben Zeit, uns über uns selbst und unsere Beziehung Gedanken zu machen.

Etliche Beziehungen zerbrechen schon in der Vorbereitung auf die Festtage, denn bereits diese liefert das ideale Klima für Beziehungsstress.

Die Ansprüche an den Ablauf der Feiertage sind hoch, alles muss perfekt organisiert werden, die Angst vor Enttäuschungen ist groß und die häusliche Routine ist feiertagsbedingt auf den Kopf gestellt. Diese Stressfaktoren schaffen ein ideales Krisenklima und sorgen dafür, dass bei vielen Menschen schon vor Beginn der Feiertage die Nerven blankliegen.

Die Corona-Pandemie als Beziehungskiller

Doch nicht nur Ostern und Weihnachten sorgen dafür, dass Ehen in ganz Deutschland regelmäßig scheitern.

Auch die Covid-19-Pandemie hat einen deutlich spürbaren Effekt auf die Scheidungsrate!

Lockdown, Isolation, Homeoffice und Homeschooling ließen die Familien näher zusammenrücken. Im Gegensatz zu den Festtagen, an denen nach ein paar Tagen der Alltag wieder ins Eheleben einkehrt, hat die Pandemie uns über Wochen und Monate in eine Ausnahmesituation gezwungen.

Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey hat sich die Scheidungsrate im Jahr 2020 durch die Pandemie verfünffacht.

Im Rahmen der Umfrage wurden im Juni 2500 Ehepaare befragt, an welchem Zeitpunkt die Entscheidung für die Scheidung ihrer Ehe in diesem Jahr gefallen sei.

Rund 2,2 % der Befragten gaben an, den Beschluss für Ihre Scheidung im April und Mai gefasst zu haben.
Eine Umfrage aus dem Jahr 2018 hatte ergeben, dass in diesem Jahr zur gleichen Zeit nur rund 0,42 % beschlossen hatten, die Scheidung einzureichen.

Scheidugsrate Vergleich 2018 bis März 2020

Laut dpa berichten deutschlandweit auch immer mehr Paar-Therapeuten davon, seit Beginn der Pandemie deutlich mehr Anfragen zu erhalten.

Auch Rechtsanwalt Kieppe, der sich in seiner Kanzlei in Münster auf das Familienrecht spezialisiert hat, stellt einen regelrechten Boom der Scheidungsmandate fest.

Sowohl über seine Website zur Online Scheidung als auch auf den klassischen Kontaktwegen per Telefon oder persönlichem Gespräch habe sich die Anzahl der Anfragen seit der Pandemie drastisch erhöht.

Nicht nur bei Scheidungen, sondern auch bei den Folgesachen wie Unterhalt, Sorgerecht, Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich sei die Nachfrage nach rechtlichem Beistand gestiegen.

Wer lässt sich wegen Corona scheiden?

Mit Blick auf die Umfrageteilnehmer fragt sich, in welchen Situationen sich diejenigen Ehegatten befinden, die im Zusammenhang mit Corona nun ihre Scheidung anstreben. Dazu sind laut Umfrage zwei Fallgruppen zu erkennen: Zum einen handelt es sich um Ehegatten, die aufgrund der ständigen räumlichen Nähe nicht mehr miteinander leben wollen. Zum anderen seien Ehegatten, die schon länger getrennt voneinander leben, durch die pandemie-bedingte Ruhe zum Nachdenken gekommen und wollen den Entschluss zur Scheidung nicht mehr länger hinausschieben.

Wie gehen Rechtsanwälte und Gerichte mit der Masse an Verfahren um?

Jede Ehescheidung in Deutschland muss vor einem Familiengericht im Beisein eines Rechtsanwalts stattfinden.

Die meisten Scheidungen seien einvernehmlich und über das Verfahren der Online Scheidung reibungslos abzuwickeln, so Rechtsanwalt Kieppe.

Er habe ein Verfahren entwickelt, wie er und seine Mitarbeiter trotz der erhöhten Nachfrage jeden Mandanten persönlich betreuen und durch das Scheidungsverfahren begleiten könnten.

Seine langjährige Erfahrung sei dabei essenziell für seine Arbeit, auch er komme aber nicht um die ein oder andere Überstunde herum.

„Eine Ehescheidung bedeutet für jeden Menschen eine emotionale Ausnahmesituation, zudem ist der Ablauf der Scheidung den meisten gänzlich unbekannt. Ich versuche daher, das Verfahren für alle Beteiligten so angenehm wie möglich zu gestalten. Mit dem Verfahren der Online Scheidung erspare ich meinen Mandanten viel Stress und ich beantrage im Sinne der Mandanten bei jedem einvernehmlichen Scheidungsverfahren, den Verfahrenswert zu senken und damit die Kosten der Scheidung auf ein Mindestmaß zu reduzieren“, so Rechtsanwalt Kieppe.

Deutlich zugenommen habe auch das Interesse am von ihm angebotenen kostenlosen Orientierungsgespräch. Dies bedeute gerade in diesem Jahr viel Arbeit für ihn und seine Mitarbeiter, zahle sich jedoch durch zufriedene Mandanten aus, das Feedback sei durchaus positiv. Bei den Familiengerichten mache sich der Anstieg der Scheidungsrate allerdings bemerkbar.

„Die Auslastung der Familienrichter ist in diesem Jahr enorm. Die Mehrbelastung ist spürbar, allerdings haben viele Familiengerichte entsprechend mehr Kapazitäten geschaffen“, stellt Rechtsanwalt Kieppe fest.

Trennungsjahr ist zwingende Voraussetzung

Zu bemerken sei auch, dass ein Großteil der neuen Scheidungsinteressenten sich frisch getrennt habe, also eben gerade während der Zeit des Lockdowns.

„Diese Mandanten muss ich dann regelmäßig auf die unumgängliche Voraussetzung des Trennungsjahrs verweisen und bitten, sich noch etwas zu gedulden“, erzählt Rechtsanwalt Kieppe.

Selbst bei einvernehmlichen Scheidungen ist zwingende Voraussetzung, dass seit der Trennung mindestens ein Jahr vergangen ist.

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Schnelle Scheidung ohne Anwalt beim Standesamt?
Express-Scheidung - ohne Anwalt - Standesamt

Express-Scheidung - ohne Anwalt - Standesamt

Gibt es die Express-Scheidung demnächst ohne Anwalt beim Standesamt?

Das deutsche Familienrecht ist kompliziert und Scheidungen vom ehemaligen Gatten nicht nur schmerzhaft, sondern auch mitunter mit nicht unerheblichen Scheidungskosten und gegenseitigen Zahlungsverpflichtungen verbunden. Das ist ein Problem, zumal beide Gesichtspunkte den nach einer Scheidung notwendigen Neustart wesentlich beeinflussen. Jemand, der finanziell und mental am Boden ist, kann mitunter nicht so leicht wieder aufstehen und benötigt eventuell Unterstützung. Daher muss allen an dem Scheidungsverfahren Beteiligten daran gelegen sein, sämtliche Prozesse zu vereinfachen und zu vergünstigen.

Im Rahmen dieser Debatte hat der Bundesverband der Deutschen Standesbeamten (BDS) nun den Vorschlag gemacht, statt mit einem Rechtsanwalt zu Gericht, lediglich mit seinem Noch-Ehegatten zum Standesamt zu gehen und sich dort durch Erklärung der Scheidungsabsicht vor einem Standesbeamten scheiden zu lassen.

Was genau schlägt der BDS vor?

Der BDS bezeichnet seinen Vorschlag als „Express-Scheidung vor dem Standesamt“. Dies beinhaltet, dass scheidungswillige Ehegatten eine Online-Scheidung bei den zuständigen Standesämtern durchführen können. Hierbei handelt es sich dann im juristischen Sinne nicht mehr um einen Gerichtsbeschluss, sondern um einen Verwaltungsakt. Konkret würde unter anderem an § 1564 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches gesägt:

„Eine Ehe kann nur durch richterliche Entscheidung auf Antrag eines oder beider Ehegatten geschieden werden.“

Tauscht man die „richterliche Entscheidung“ durch die Entscheidung eines Standesbeamten aus, rüttelt man an einem der Grundprinzipien des deutschen Ehescheidungsrechts. Ganz bewusst hat der Gesetzgeber mit der richterlichen Entscheidung eine hohe Hürde für Scheidungen gesetzt, um zu verhindern, dass sich Ehegatten leichtfertig scheiden lassen. So tiefgreifend der Eingriff somit ist, so erstrebenswert sind auf der anderen Seite die Ziele, die der BDS mit seinem Vorstoß verfolgt. Zum einen könnte das Verfahren vor dem Standesamt die Scheidungskosten gegebenenfalls reduzieren, zum anderen entlastet die Verlagerung der Scheidungsbefugnis auf die Standesämter die Familiengerichte.

Allerdings gibt es zwei Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit eine „Express-Scheidung“ möglich ist. Erstens muss es sich um eine einvernehmliche Scheidung handeln. Das bedeutet, dass keine Streitigkeiten zwischen den Ehegatten in wesentlichen Punkten der Scheidung mehr bestehen. Unter wesentlichen Punkten sind insbesondere die Unterhaltspflicht, das Umgangs- und Sorgerecht für eventuell gemeinsame Kinder sowie die Regelung des Zugewinnausgleichs und des Versorgungsausgleichs zu verstehen. Besteht in diesen Punkten zwischen den Ehegatten Einigkeit, steht der einvernehmlichen Scheidung nichts im Wege.

Zweite Voraussetzung der „Express-Scheidung“ ist, dass keine minderjährigen Kinder bei der Scheidung betroffen sind. Betrachtet man diese Voraussetzung vor dem Hintergrund, dass sich die Mehrheit der Ehegatten scheiden, wenn ihre Kinder das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, stellt diese Bedingung ein nur im statistischen Ausnahmefall erfülltes Erfordernis dar.

In seiner Argumentation stützt der BDS seinen Vorstoß vornehmlich auf den Vergleich mit anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU). Dort sei die Scheidung bei den zuständigen Standesämtern bereits möglich. Während in Deutschland die Höhe der Scheidungskosten in vielen Fällen mehrere Tausend Euro betrügen, zahle man nun in Italien 16 Euro und in Spanien 50 Euro.

Ist die Scheidung beim Standesamt sinnvoll und umsetzbar?

Das deutsche Familienrecht knüpft mit dem Verweis auf die Entscheidung des Richters im Falle eines Scheidungsantrages ganz bewusst eine hohe Hürde, die den Ehegatten einerseits bewusst machen soll, dass die Scheidung eine mit Weitsicht zu treffende Entscheidung sein soll. Andererseits schützt sowohl die richterliche Entscheidung als auch der vorgesehene Anwaltszwang davor, dass scheidende Ehegatten unbewusst oder leichtfertig auf ihnen rechtmäßig zustehende Ansprüche verzichten, weil ihnen diese schlichtweg nicht bekannt sind. Hier seien nur einmal der Rentenausgleich, der Zugewinnausgleich oder Unterhaltsansprüche genannt. Solche Ansprüche sind in anderen Rechtsordnungen zum Teil überhaupt nicht vorgesehen und eine Prüfung solcher Ansprüche ist komplex und durchaus schwierig. Der unbewusste oder leichtfertige Verzicht auf Ansprüche ist rechtlich bindend, sodass schwerwiegende Folgen auch später in der Regel nicht mehr ausgebügelt werden können.

Das deutsche Familienrecht selbst für Anwärter des Anwaltsberufs aufgrund seiner Vielfältigkeit und Komplexität schwierig zu verstehen ist, sollten scheidungswillige Ehegatten, unbedingt vor einer Scheidung eine anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen.

Rückschau und Ausblick: Veränderungen noch nicht in Sicht

Bereits vor einigen Jahren ist eine Gesetzesinitiative angeregt worden, die das gleiche Ziel, aber einen anderen Weg zum Inhalt hatte. Dieser bestand darin, dass scheidungswillige Ehegatten ihre Scheidung durch Beurkundung eines Notars erwirken konnten. Jedoch hätten sie beim Notar nachweisen müssen, dass sie sich vorher einer anwaltlichen Beratung unterzogen haben. Auch nach diesem Vorschlag lägen die Scheidungskosten im Minimum wohl kaum unterhalb der heutigen Scheidungskosten von durchschnittlich etwa  2.000 Euro.

Auch der jetzige Vorstoß des BDS wird im politischen Berlin nicht mit offenen Armen aufgenommen. Vielmehr sehen die zuständigen Ministerien keinen Änderungsbedarf. Somit wird es voraussichtlich mittel- und langfristig bei den aktuellen Regelungen des Familienrechts bleiben.

Gibt in der aktuellen Rechtsordnung einen Königsweg?

Einen echten Königsweg gibt es nach aktueller Lage wohl nicht. Allerdings können scheidungswillige Ehegatten einen Mittelweg zwischen umfassender anwaltlicher Vertretung und dem geringen Verbrauch von Geld- und Zeitressourcen gehen. Insbesondere bei einvernehmlichen Scheidungen benötigen Mandanten von Anwälten für Familienrecht häufig nur eine ausreichende Rechtsberatung bezüglich der gegenseitig bestehenden Rechte und Pflichten. In einer solchen Beratung kann dann unter Berücksichtigung des speziellen Einzelfalles geprüft werden, ob überhaupt eine außergerichtliche oder gerichtliche Regelung erforderlich ist. Diesem Auftrag kann der Rechtsanwalt z.B. durch das Angebot einer sogenannten Online-Scheidung gerecht werden. Diese hilft dabei, Zeit- und Geldressourcen zu schonen, indem sie zum Beispiel die Übermittlung des Antrags an den Rechtsanwalt online erfolgen lässt. Daneben besteht stets die Möglichkeit, individuellen juristischen Rat einzuholen. Vor allem aber geht der Mandant kein Risiko ein, auf etwaige Ansprüche zu verzichten oder diese zu verlieren.

So ist es im Rahmen einer einvernehmlichen Scheidung möglich, nur einen Rechtsanwalt für die Antragsstellung zu beauftragen, der anschließend von beiden Ehegatten bezahlt wird. Hier kann bereits die Hälfte der Anwaltskosten gespart werden, und dennoch die Voraussetzung des Anwaltszwangs erfüllt werden. Hinzu kommt, dass Gerichte den Gegenstandswert unter Umständen und auf Anregung um bis zu 30% herabsetzen, wenn dies die Einfachheit und der Arbeitsaufwand des Verfahrens gebietet. Da sich daran die Gerichts- und Anwaltsgebühren orientieren, hat diese Entscheidung eine erhebliche Auswirkung auf die Gesamtkosten einer Scheidung.

Schließlich lässt sich festhalten, dass die Online-Scheidung zwei wesentliche Aspekte einer angenehmen Scheidung, nämlich zum einen die Kostenersparnis und zum anderen die notwendige rechtliche Beratung, miteinander verbindet und damit den aktuell wohl bestmöglichen Kompromiss für scheidungswillige Ehegatten darstellt.

Ehegatte verschwunden - Scheidung nicht möglich

Ehegatte verschwunden - Scheidung nicht möglichEhepartner verschwunden – Scheidung unmöglich?

Hilfe – ich will die Scheidung, aber mein Ehepartner ist nicht auffindbar?

Die Partner leben schon länger getrennt, die Scheidung ist gewünscht, nur ist nicht bekannt, wo der andere Ehegatte wohnt; lebt er noch in Deutschland oder lebt er evtl. im Ausland? Wie kann ich mich unter diesen Umständen scheiden lassen? Eine Situation, bei der sich sehr schnell Verzweiflung breit macht, denn wohin soll denn der Scheidungsantrag geschickt werden.

Tatsächlich ist es so, dass eine Scheidung ohne Beteiligung beider Ehegatten in der Regel nicht möglich ist. Nachdem der Scheidungsantrag von einem Partner durch einen Scheidungsanwalt beim zuständigen Familiengericht eingereicht worden ist, wird der Antrag von dem Gericht normalerweise dem anderen Ehegatten zugestellt, damit dieser informiert ist und sofern gewünscht, eine Stellungnahme zu dem Scheidungsbegehren und den Scheidungsvoraussetzungen abgeben kann. Die zustellungs -und ladungsfähige Anschrift der Antragsgegnerin oder des Antragsgegners muss also dem Familiengericht mitgeteilt werden und bekannt sein.

Verschwinden des Ehepartners oder Partnerin nicht so selten

Nun kommt aber die Situation, in der nicht bekannt ist, wo sich der andere Partner überhaupt aufhält, nicht selten vor.
Der Gesetzgeber hat aber für diesen Fall vorgesorgt und ermöglicht unter allerdings sehr strengen Voraussetzungen die sogenannte öffentliche Zustellung. Im Fall der öffentlichen Zustellung wird, sofern die Anschrift des Partners unbekannt und nicht zu ermitteln ist oder eine Zustellung im Ausland nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht, der Scheidungsantrag öffentlich bekannt gemacht. Dazu wird der Antrag mit dem Hinweis auf evtl. Fristen im Familiengericht ausgehängt und ggf. in elektronische Informationssysteme des Familiengerichtes eingestellt. Der Scheidungsantrag oder auch nachfolgende Schriftstücke gelten als zugestellt, wenn seit dem Aushang der Benachrichtigung ein Monat vergangen ist.

Wann ist die „Öffentliche Zustellung“ möglich?

Diese öffentliche Zustellung wird allerdings nur dann von dem Familiengericht genehmigt, wenn der Ehegatte nachweislich alles ihm Zumutbare unternommen hat, um die Anschrift des anderen Ehegatten zu ermitteln. Dazu gehört u.a. zum Beispiel die Kontaktaufnahme mit Angehörigen, Freunden, den Ämtern und der Arbeitsstelle, um die Anschrift zu ermitteln. Die Maßnahmen sollten mit Schreiben usw. belegt werden können und alle Anstrengungen müssen in der Regel mit einer eidesstattlichen Versicherung dem Familiengericht gegenüber glaubhaft gemacht werden.

Wird die öffentliche Zustellung dann bewilligt, so können der Scheidungsantrag, alle weiteren Schreiben und letztendlich auch der Scheidungsbeschluss auf diesem Wege zugestellt werden. Der Scheidung steht also nichts mehr im Wege. Im Übrigen entstehen durch das Verfahren der öffentlichen Zustellung erfreulicherweise keine zusätzlichen Kosten.

 

Wenn Sie hierzu Fragen haben, oder Hilfe benötigen schreiben Sie mich gerne an.

Erziehungsrente

Die Erziehungsrente – Unbekannt aber hilfreich?Erziehungsrente

Die Erziehungsrente genießt nur wenig Bekanntheit, dabei kann sie eine große Hilfe für die Betroffenen darstellen. Doch wer kann sie beanspruchen? Sie steht grundsätzlich den Elternteilen zu, die ein Kind aufziehen und deren (geschiedener) Ehepartner verstirbt. In diesen Fällen soll die Erziehungsrente als finanzielle Erleichterung für den durch den Todesfall weggefallenen, aber oftmals dringend benötigten Kindesunterhalt dienen.

Unterhaltsersatz (Unterhalt)

Elternteile, die ein Kind betreuen, haben gegen den anderen Elternteil einen Anspruch auf den sog. Kindesunterhalt. Der nicht betreuende Elternteil ist für das Kind unterhaltsverpflichtet. Die Höhe des Kindesunterhalts richtet nach der sogenannten Düsseldorfer Tabelle.
Verstirbt nun der Unterhaltsverpflichtete, stellt dies nicht nur einen großen Einschnitt in das Leben des betroffenen Kindes dar, das nun einen Elternteil verloren hat. Vielmehr ist es daneben für den betreuenden Elternteil oftmals ein herber finanzieller Rückschlag. Denn viele Alleinerziehende sind dringend auf den Kindesunterhalt angewiesen. In diesen Fällen soll die Erziehungsrente Abhilfe leisten: Sie soll eine Art Unterhaltsersatz darstellen und den Betroffenen finanzielle Unterstützung leisten.

Voraussetzungen

Die Erziehungsrente hat verschiedene Voraussetzungen. Zunächst setzt sie voraus, dass die Ehe nach dem 30. Juni 1977 geschieden wurde bzw. aufgehoben oder für nichtig erklärt worden ist und der frühere Ehepartner verstorben ist.
Der Antragssteller muss zudem ein eigenes Kind oder ein Kind des geschiedenen Ehepartners aufziehen, das noch nicht 18 Jahre ist.
Ferner kann die Erziehungsrente kann auch für ein eigenes behindertes Kind oder ein behindertes Kind des Ehepartners unabhängig vom Alter des Kindes beansprucht werden, wenn dieses vom Antragsstellenden erzogen wird.
Die Erziehungsrente gilt auch für Stiefkinder und Pflegekinder, ferner auch für Enkelkinder oder Geschwister, wenn sie vom Antragsstellenden erzogen werden.
Als weitere Voraussetzung muss der Antragssteller unverheiratet geblieben sein, er darf also keine weitere Ehe mehr eingegangen sein oder eine Lebenspartnerschaft begründet haben.

Wichtig ist, dass sich die Erziehungsrente nicht, wie man zunächst meinen könnte, aus der Versicherung des geschiedenen Ehepartners ableitet, wie dies beispielsweise bei der Witwen-/Witwerrente der Fall ist. Vielmehr entstammt die Versicherung aus der eigenen Versicherung des Antragsstellers. Dies hat zur Folge, dass die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren zu erfüllen ist.

Exkurs: Die allgemeine Wartezeit normiert eine Mindestversicherungszeit. Leistungen aus der Rentenversicherung kann danach nur derjenige beanspruchen, der ihr bereits eine gewisse Zeit lang angehört hat. Im obigen Fall ist also eine Mindestversicherungszeit von fünf Jahren erforderlich.

Neben der Erziehungsrente kann zudem auch die Waisenrente gezahlt werden. Die gleichen Voraussetzungen gelten für die eingetragene Lebenspartnerschaft.

Fakten und Daten

Die Höhe der Erziehungsrente entspricht der Höhe der vollen Erwerbsminderungsrente.
Genauso wie bei der Witwen-/Witwerrente wird das eigene Einkommen angerechnet, soweit es den Freibetrag übersteigt. Der Freibetrag liegt derzeit in den alten Bundesländern bei 845,59 EUR und in den neuen Bundesländern bei 810,22 EUR. Hinzu tritt ein Freibetrag für jedes Waisenrente berechtigte Kind.

Die Erziehungsrente wird nicht automatisch gezahlt, sie muss vielmehr beantragt werden. Wenn sie innerhalb von 3 Monaten, nachdem die Voraussetzungen vorlagen, beantragt wird, wird die Erziehungsrente rückwirkend gezahlt. Wird sie später beantragt, wird die Rente erst ab dem Monat der Antragsstellung gezahlt.

Die Erziehungsrente entfällt mit Ende des Monats, in dem die Voraussetzungen für die Erziehungsrente wegfallen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Rentenempfänger eine neue Ehe eingeht, das betreffende Kind 18 Jahre alt wird oder der Rentenempfänger das Rentenregelalter erreicht.

Härtefallscheidung - Scheidung - Info

Die Härtefallscheidung – wann ist sie möglich?

Nicht immer enden Ehen friedlich und im Einvernehmen. Mitunter ist die Scheidung das Ende einer harten und heftigen Ehezeit für mindestens einer der beiden Ehegatten. Bevor die Scheidung erfolgen kann, muss erst das Trennungsjahr durchlebt werden. Es mag Fälle geben, in denen das Abwarten des Trennungsjahrs unzumutbar ist. In solchen Fällen ist die Härtefallscheidung denkbar. Doch wann kann sie beantragt werden?

Kernvoraussetzung der Härtefallscheidung findet sich in § 1565 Abs. 2 BGB. Demnach kann eine Ehe vor Ablauf des Trennungsjahrs geschieden werden, wenn das „Weiter-miteinander-verheiratet-sein“ aus Gründen unzumutbar ist, die in der Person des anderen Ehegatten liegen. Daran sind strenge Anforderungen geknüpft. Beim Lesen dieser Norm fällt zugleich auf, dass Gründe, die in der eigenen Person liegen, keine Berücksichtigung finden.

Gründe, die die Fortsetzung der Ehe in einem Einzelfall als unzumutbar anerkannt wurden, können unter Umständen in einem anderen Fall wiederum nicht ausreichen. Es ist bei dem Antrag auf vorzeitige Scheidung immer eine umfassende Prüfung des Einzelfalls unter Berücksichtigung aller hinzutretenden Umstände notwendig.

Härtefallscheidung - Scheidung - Info

Anerkannte Gründe für eine Härtefallscheidung

Nachfolgend haben wir ein paar außergewöhnliche Härtefallgründe aufgelistet, die in der Rechtsprechung anerkannt wurden.

  1. Ehebruch
    Der Ehebruch allein ist heutzutage kein Härtegrund mehr. Hinzutreten müssen weitere erschwerende Umstände, um eine vorzeitige Scheidung zu rechtfertigen:Frau wird beim Fremdgehen schwanger! In einem Fall stellte ein Mann aufgrund der außerehelichen Beziehungen seiner Frau einen Antrag auf Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahrs. Die Begründung dafür war: Seine Frau ist beim Fremdgehen schwanger geworden. Das zuständige Gericht erkannte den Härtegrund an: Schon allein wegen der drohenden gesetzlichen Vaterschaft (obwohl er eindeutig nicht der leibliche Vater ist) müsse sich der Ehemann vor Ablauf des Trennungsjahrs von der Ehe lösen können, dürfen. (OLG Hamm, Urteil v. 16.06.14, Az. 8 WF 106/14).„Jobwechsel“ nach Trennung: Was ist, wenn die Frau Prostituierte wird? In einem anderen Fall nahm die Ehefrau (ohne Einverständnis des Ehemanns) nach der Trennung die gewerbliche Prostitution auf. Der Ehemann sah in der Fortsetzung der Ehe bis zum Ablauf des Trennungsjahrs eine unzumutbare Härte und beantragte die Härtefallscheidung. Das zuständige Gericht teilte die Auffassung und gab dem Antrag statt (Hanseatisches OLG in Bremen, Urteil v. 26.09.1995, Az. 5 WF 66/95).Ehebruch mit vorehelicher Tochter der Ehefrau! Es klingt, wie in einer Telenovela, aber hat sich tatsächlich so zugetragen: Ein Mann hat eine Affäre mit der vorehelichen Tochter seiner Frau gehabt. Dieser Ehebruch war für die Frau so schwerwiegend, dass das zuständige Gericht ein Fortsetzen der Ehe bis zum Ablauf des Trennungsjahrs als unzumutbare Härte anerkannt hat.
  2. Körperliche Gewalt
    Körperliche Gewalt kann die Fortsetzung der Ehe bis zum Ende des Ablaufs des Trennungsjahrs unzumutbar werden lassen (FamRZ 1981, 127, 129). Dies gilt auch, wenn sich die körperlichen Misshandlungen wiederholen oder sich gegen Familienangehörige wenden (OLG Stuttgart FamRZ 1988, 1276).
  3. Drohungen: „Ich bringe meine Frau um!“
    Auch Drohungen können unter Umständen dazu führen, dass die Fortsetzung der Ehe eine unzumutbare Härte darstellen wurde. Vorausgegangen war ein Fall, indem der Ehemann nach der Trennung gegenüber Dritten immer wieder konkrete Drohungen aussprach, seine Noch-Angetraute ermorden zu wollen. Das Gericht sah darin einen Härtegrund. (Brandenburgisches OLG, Urteil v. 18.01.01, Az. 9 UF 166/00)
  4. Alkoholismus
    Häufig und oft auch tragisch sind die Härtefallgründe, die in dem Alkoholismus des anderen Ehegatten gründen. Dabei ist umstritten, ob als Härtegrund ausreicht, dass der andere Ehegatte Alkoholiker (geworden) ist. Unter Umständen ist es nicht ausreichend, wenn der Alkoholismus des Ehegatten über Jahre erduldet wurde, wenn es an einem hinzutretenden erschwerenden Grund fehlt. Als ein unzumutbar wurde die Fortsetzung der Ehe anerkannt, als ein Ehegatte den Lebensunterhalt der Familie vertrunken hatte (OLG Schleswig NJW 1978, 51).

 

Kuriose vorgetragene, aber nicht anerkannte Härtegründe

Es werden bei weitem nicht alle vorgetragenen Gründe als ausreichende Begründung der unzumutbaren Härte anerkannt.

  1. Die Scheinehe
    In einem Scheidungsverfahren beantragte ein Ehegatte die Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres. Die Ehegatten waren die Ehe nur mit dem Zweck eingegangen, dem ausländischen Ehegatten zu einer Aufenthaltserlaubnis zu verhelfen. Bei der Ehe handelt es sich damit um eine typische Scheinehe. Jedoch hat zuständige das Gericht in dem Fall das bloße Vorliegen dieser Scheinehe nicht als Härtegrund anerkannt (FamG Hamm FamRZ 1982, 1073).
  2. Die offenbarte Homosexualität des Ehemanns
    Die offenbarte Homosexualität des einen Ehegatten stellt ebenfalls keinen Härtegrund dar. Eine 1975 geschlossene Ehe scheiterte Anfang der 2000er. Nach der Trennung offenbarte der Ehemann seiner Ehefrau seine Homosexualität. Offensichtlich geschockt beantragte die Ehefrau die vorzeitige Scheidung. Weder die erste Instanz noch die Beschwerdeinstanz sahen in der reinen Tatsache der Homosexualität des Ehemanns einen Härtegrund. Die Gesellschaft ist liberalisiert und die alleine das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz würde es verbieten, einen Härtegrund anzunehmen. Weiterhin war das Gericht der Ansicht, dass in der Homosexualität des Ehemanns auch keine Missachtung der Frau als Geschlechtspartner zu sehen ist. Erleichternd und gegen den Antrag sprechend trat hinzu, dass der Mann in einem anderen Ort lebt und die Kinder der Beiden bereits erwachsen waren. (OLG Nürnberg, Beschluss v. 28.12.2006, 10 WF 1526/06, Fundstelle: NJW-Spezial 2007, 296-297)
  3. Grobes Verhalten
    Nicht jeder Fall von groben Verhalten oder körperlicher Gewalt wurden als ausreichender Härtegrund anerkannt:„einmal ist keinmal?“ Ein Ehepaar trennte sich und zog in verschiedene Ortschaften. Bei einem wie-auch-immer gearteten Treffen eskalierte die Situation zwischen den beiden Parteien und der Mann schlug seine Frau. Das ist in diesem Fall für sich genommen kein Grund für eine Härtefallscheidung nach § 1565 Abs. 2 BGB empfand das zuständige Gericht. Der Ehemann beteuerte, dass es sich um eine einmaligen „Ausrutscher“ gehandelt hätte. Dies glaubte ihm auch das Gericht. (AG Kitzingen, Beschluss v. 15.06.2005, Az. 2 F 187/05, Fundstelle: BeckRS 2008, 24803)Misshandlung verziehen – „kann ja dann nicht so schlimm gewesen sein?!“ Der Umstand, dass die Ehefrau dem Ehegatten die körperliche Misshandlung ihr gegenüber verziehen hat, kann dazu führen, dass das Gericht eine Unzumutbarkeit des „Weiter-mit-einander-verheiratet-sein“ nicht anerkennt. Durch das Verzeihen der körperlichen Misshandlung kann sich ergeben, „dass die behaupteten Angriffe nicht als subjektiv derart unzumutbar angesehen [wurden], dass nun ein Abwarten des Trennungsjahrs nicht zumutbar wäre.“ (OLG Hamm, Beschluss vom 22.01.16, Az. ZZ-13 WF 3/16).