Es kursieren extrem viele Halbwahrheiten, wie „Nach einem Jahr ist man automatisch geschieden“ oder „Wer fremdgeht, verliert alles“, rund um das Thema Scheidung. Diese Unwissenheit kann zu falschen Erwartungen, aber auch zu teuren Fehlern im Prozess führen. Im folgenden Beitrag zeigen wir Ihnen deswegen, welche häufigen Irrtümer bei Scheidungen vorkommen und was rechtlich tatsächlich gilt.
1. Wer fremdgeht, verliert alle Rechte bei der Scheidung
Diese Aussage ist so nicht korrekt. Das Fremdgehen an sich hat nicht direkt rechtliche Konsequenzen auf den Verlauf einer Scheidung. Seit der Einführung des Zerrüttungsprinzips muss nicht mehr entschieden werden, wer die Schuld für die Scheidung trägt. Der Anspruch auf Unterhalt bleibt auch gleichermaßen bestehen. Lediglich das Vertrauensverhältnis der Ehepartner kann durch die Untreue zerstört werden. In extremen Fällen kann ein Seitensprung jedoch als grobe Verletzung ehelicher Pflichten gemäß § 1579 BGB eingeordnet werden. Eine Folge wäre dann zum Beispiel, dass der Ehegattenunterhalt entfällt.
2. Nach einem Jahr Trennung ist man automatisch geschieden
Das ist ebenfalls ein Irrtum. Ohne ein gerichtliches Verfahren gilt ein Paar noch nicht als geschieden. Die Scheidung kann jedoch nach einer einjährigen Trennung eingereicht werden. Besonders für die Feststellung der Zerrüttung ist dieses Jahr von hoher Bedeutung und gemäß § 1566 BGB eine gesetzliche Mindestvoraussetzung. Insgesamt kann das Verfahren bei fehlendem Einverständnis mehrere Jahre dauern.
3. Zugewinnausgleich gibt es nur bei langen Ehen
Ein finanzieller Ausgleich ist von der Art des Güterstandes abhängig. Somit schließt eine kurze Ehe den Zugewinnausgleich nicht aus. Völlig falsch ist diese Aussage jedoch nicht, da bei einer längeren Ehe mehr Möglichkeiten für einen Vermögenszuwachs bestehen. Dieser muss dann wiederum in der Zahlung berücksichtigt werden und es muss ein Nachweis für den Anfangs- sowie Endzeitpunkt des gemeinsamen Vermögens geliefert werden.
4. Bei einer Scheidung bekommt die Frau automatisch das Sorgerecht
Diese Annahme ist ein typischer Irrtum in der Bevölkerung. Grundsätzlich, wenn keine Gefahr für das gemeinsame Kind besteht, behalten beide Eltern das Sorgerecht. Generell entscheidet das Familiengericht immer zum Wohle des Kindes. Dementsprechend erhält die Frau nicht automatisch das Sorgerecht und es gibt außerdem für beide Elternteile ein sogenanntes Umgangsrecht. Das Kind hat gemäß § 1684 BGB ein Recht auf Kontakt zu beiden Elternteilen. Außerdem darf der Elternteil, bei dem das Kind dauerhaft lebt, dennoch keine alleinigen Entscheidungen bezüglich lebenswichtiger Sachen treffen (z.B. Bildung oder medizinische Eingriffe)
5. Gemeinsame Schulden werden bei der Scheidung automatisch geteilt
Es haften beide Partner, so wie es im abgeschlossenen Vertrag steht. Natürlich kann intern zwischen den beiden eine andere Abmachung getroffen werden, aber grundsätzlich gilt die gesamtschuldnerische Haftung. Beispielsweise kommt es im Falle von Kreditschulden bei einer Bank darauf an, wer Vertragspartner mit der Bank ist und nicht, wer das ausgezahlte Geld der Bank tatsächlich ausgegeben hat.
6. Für eine Unterhaltszahlung muss man verheiratet gewesen sein
Diese Aussage ist falsch. Besonders wenn es um die Betreuung der gemeinsamen Kinder geht, kann eine Unterhaltszahlung auch bei unverheirateten Paaren vorkommen. Dieser Betreuungsunterhalt ist in § 1615 I BGB geregelt. des Weiteren gibt es auch einen Kindesunterhalt gemäß § 1601 BGB. Hierbei muss der Partner, unabhängig vom Beziehungsstatus, welcher das Kind nicht betreut, zur Versorgung des Kindes finanziell beitragen.
7. Der Ex-Partner muss den Familiennamen wieder ändern
Nein. Es gibt keine Pflicht zur Änderung des Familiennamens zum ursprünglichen Nachnamen. Nach einem Antrag beim Standesamt kann man aber auch wieder zu seinem ursprünglichen Namen zurückkehren. Für das gemeinsame Sorgerecht oder das generelle Verhältnis zum Kind hat der Nachname jedoch keine Auswirkung. Viele behalten den Namen, auch wenn sie bereits gemeinsame Kinder haben oder aufgrund der Bekanntheit unter diesem Namen. Zudem sollte eine derartige einmalige Namensänderung auch aufgrund der Kosten gut überlegt werden.
8. Ich kann mich nicht trennen, da ich kein Geld für eine eigene Wohnung habe
Eine eigene Wohnung ist nicht unbedingt notwendig als Voraussetzung für eine Scheidung. Entscheidend ist das persönliche Verhältnis zwischen den Partnern. Anstelle eines Auszuges kann auch die deutliche Trennung innerhalb einer Wohnung die Zerrüttung bestätigen. Dazu gehört auch die Trennung der gemeinsamen Wirtschaft, der Haushaltsführung und der Mahlzeiten.
9. Ich muss mich sofort scheiden lassen, sobald ich ausziehe
Nein. Die Trennung und die Scheidung sind zwei unterschiedliche Schritte. Viele klären während der Trennung den zukünftigen Versorgungsausgleich oder das Sorgerecht für das gemeinsame Kind, bevor dann schlussendlich der Scheidungsantrag eingereicht wird. Ein voreiliger Scheidungsantrag kann von dem zuständigen Familiengericht abgelehnt werden und somit erhöhte Kosten für das Paar bedeuten.
10. Auf den Versorgungsausgleich wird bei einer einvernehmlichen Scheidung verzichtet
Das Familiengericht muss entscheiden, ob der Verzicht auf einen Versorgungsausgleich im Einzelfall angebracht ist. Eine notarielle Beglaubigung kann nach der Vereinbarung der Partner jedoch ebenfalls ausreichen. Es gibt dementsprechend bei einer einvernehmlichen Scheidung verschiedene Möglichkeiten. Wichtig zu beachten ist, dass ein Verzicht auf den Versorgungsausgleich schwerwiegende Folgen für die Altersversorgung haben kann. Deswegen ist eine gründliche Prüfung auch immer notwendig.
Fazit
Wie Sie sehen gibt es viele Irrtümer rund um das Thema der Scheidung oder auch der Trennung. Wenn Sie sich scheiden lassen wollen, oder bereits in ihrer Trennung stecken, dann sollten Sie sich nicht auf das Halbwissen von Bekannten verlassen. Eine rechtliche Beratung durch einen Scheidungsanwalt (📞 0251-57775 ) kann ihnen dabei helfen, Klarheit zu schaffen und möglichen Fehlern im Scheidungsprozess aus dem Weg zu gehen.