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Wer zahlt den Ehe-Kredit bei der Scheidung?

Wer zahlt den Ehe-Kredit bei der Scheidung? Wer muss bei Scheidung den Ehe-Kredit abbezahlen?

Da Geld nicht auf Bäumen wächst, sondern in unserem Wirtschaftssystem von Zentralbanken künstlich erzeugt wird, müssen sich Menschen zumindest dann, wenn ihr Einkommen für große Investitionen nicht ausreicht, Geld bei einer Bank leihen. Ein solches Kreditgeschäft tätigen regelmäßig Ehegatten, um den Bau eines gemeinsamen Hauses, ein neues Auto oder die Ausbildung eines Kindes zu finanzieren. Zudem steigt die Kreditwürdigkeit und sinkt der Zinssatz, wenn mit einem Ehepaar zwei Personen für die Rückzahlung des Kredits einstehen.

Falls einer oder beide Ehegatten einen Kredit während der Ehezeit aufgenommen haben, stellt sich die Frage, wie die Rückzahlungsbeiträge aufgeteilt werden, spätestens im Zeitpunkt der Scheidung. Darauf möchten wir im Folgenden Antworten geben. 

Was ist eigentlich ein Kredit und wer haftet? 

Wer heutzutage schnelle Antworten auf drängende Fragen sucht, der kann die entsprechenden Suchbegriffe bei der Suchmaschine Google eingeben oder, zugegeben ein wenig altertümlich, in einem Lexikon nachschlagen. Für Juristen hingegen stehen die verlässlichsten Antworten im Gesetz, dessen Lektüre sich in den meisten Fällen auszahlt. Gleiches gilt für die Konstellation eines Kredits, der in § 488 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) als Darlehensvertrag geregelt ist:

Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

Die Antwort, die einem das Gesetz gibt, lautet damit: Wer einen Kredit aufnimmt, muss Zinsen zahlen und den Kredit am Ende der Laufzeit zurückzahlen. 

  1. Fall: Nur ein Ehegatte ist Darlehensnehmer 
    Auch beantwortet das Gesetz die Frage, wer den Kredit plus Zinsen zurückzahlen muss, wenn nur ein Ehegatte Vertragspartner ist. Nämlich spricht das Gesetz von der Verpflichtung des „Darlehensnehmers“. Damit ist nur derjenige, der den Kreditvertrag mit der Bank abgeschlossen hat, Darlehensnehmer im Sinne des Gesetzes. Nur dieser ist gegenüber der Bank zur Rück- und Zinszahlung verpflichtet. Die Bank kann ihren Anspruch nur gegen den Ehegatten geltend machen, der den Kreditvertrag unterschrieben hat. 
    Der andere Ehegatte hat mit diesem Kredit nichts zu tun. Dies liegt daran, dass Verträge nur zwischen den Vertragsparteien Rechtsverbindlichkeit entfalten. Dritte, wie der andere Ehegatte in diesem Fall einer wäre, können also grundsätzlich nicht in Anspruch genommen werden.
  2. Fall: Beide Ehegatten sind Darlehensnehmer 
    Haben beide Ehegatten den Kreditvertrag unterschrieben, müssen ihn auch beide zurückzahlen. In den meisten Fällen haben die Ehegatten den Kredit untereinander aufgeteilt, sei es 50:50, 60:40 oder 70:30. Unabhängig von der Aufteilung untereinander, kann die Bank von beiden Ehegatten 100% der Kreditsumme zurückverlangen. Dieses Szenario wird insbesondere dann unangenehm, wenn ein Ehegatte seiner Zahlungsverpflichtung in Höhe seines Anteils nicht mehr nachkommt und die Scheidung bevorsteht. Da die Beziehung dann meistens stark abgekühlt ist, muss der andere Ehegatte die Rückzahlungsbeträge oft unter großen Anstrengungen eintreiben. Dass der zahlende Ehegatte die Anstrengungen unternehmen muss, liegt daran, dass die Bank sich davon lossagen kann. Dieses Recht hat die Bank nur, weil die Ehegatten, sofern sie den Kredit gemeinsam aufgenommen haben, sogenannte Gesamtschuldner sind. 

§ 421
Gesamtschuldner

1. Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. 2. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet.

 Kurz bedeutet die Regelung, dass, auch wenn die Ehegatten eine Aufteilung untereinander getroffen haben, die Bank nach Ablauf der Laufzeit die Rückzahlung des vollständigen Kredits von nur einer Person fordern kann. Diese Regelung ist leichter zu verstehen, wenn man sich die Interessenlage der Bank vergegenwärtigt. Mit Abschluss des Kreditvertrags tritt die Bank in Vorleistung, indem sie den Ehegatten den Geldbetrag zur Verfügung stellt. Gleichzeitig geht die Bank dabei das Risiko ein, den Geldbetrag oder zumindest einen Teil davon nicht zurückgezahlt zu bekommen. Denn selbst die Einschätzung der Bonität der Ehegatten gibt keine einhundertprozentige Sicherheit für die Rückzahlung.

Mit Ablauf der Vertragslaufzeit ist es für die Bank bequemer, wenn sie sich einfach den vermögenderen Ehegatten aussuchen kann – und den noch ausstehenden Geldbetrag von diesem einfordert. Inwiefern der andere Ehegatte rückzahlungsfähig ist, braucht die Bank nicht mehr zu interessieren, denn das ist nun Angelegenheit des Ehegatten, der den vollen Betrag bereits zurückzahlen müsste. In Höhe der vereinbarten Aufteilung erhält dieser nämlich in dem Moment der Zahlung an die Bank einen Ausgleichanspruch gegen den anderen Ehegatten: 

§ 426
Ausgleichungspflicht, Forderungsübergang  

1. Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. 2Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.
2. Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. 2Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.

 Nun existiert allerdings das Risiko, dass das Geld von dem anderen Ehegatten nicht gezahlt wird. Verwirklicht sich das Risiko, haftet man im Endeffekt für einen Kredit des anderen Ehegatten. 

3. Fall: Ein Ehegatte ist Bürge des anderen 

Nahe Angehörige und Ehegatten gelten vielen Menschen als Vertrauenspersonen. Das ihnen entgegengebrachte Vertrauen erstreckt sich in manchen Fällen bis zur Eingehung einer Bürgschaft. Mit dem Bürgschaftsvertrag verpflichten sich Ehegatten ganz bewusst, im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Ehepartners für dessen Schulden einzustehen. Diese Konstellation ist insofern von einem gemeinsamen Kreditvertrag zu unterscheiden, als nicht beide gleichzeitig für den Kredit haften, sondern zunächst nur ein Ehegatte Vertragspartner ist und die Bank nur gegen dessen Ehepartner (der dann Bürge ist) vorgehen kann, wenn beim Kreditnehmer auch im Wege der Zwangsvollstreckung kein Geld zu holen ist.

Bis zur Zwangsvollstreckung gegen den Ehegatten darf der Bürge die Zahlung verweigern. Dies kann in emotionalen Verhältnisse schwierig durchzuhalten sein – aber zumindest nach dem Gesetz besteht dieses Recht. 

 § 771
Einrede der Vorausklage

1. Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange nicht der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat (Einrede der Vorausklage).
2. Erhebt der Bürge die Einrede der Vorausklage, ist die Verjährung des Anspruchs des Gläubigers gegen den Bürgen gehemmt, bis der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat.

Dieses gesetzliche Recht kann jedoch – mit Einschränkungen – durch Vertrag ausgeschlossen werden. Daher sind Ehegatten angehalten, bei Abschluss eines Bürgschaftsvertrags genau hinzuschauen und zu prüfen, ob die Bank den Ausschluss der Einrede der Vorausklage anstrebt. Lässt man sich nämlich auf den Ausschluss dieses Rechts ein, genügt die Verweigerung des Kreditnehmers zur Zahlung als Voraussetzung für das Vorgehen der Bank gegen einen selbst. Auch dann kommt es zur Haftung für einen Kredit des Ehegatten. 

Scheidungsrechtliche Folgen der Kredithaftung 

Haftet jemand für den Kredit des zahlungsunfähigen Ehegatten, so ist dieser in den meisten Fällen auch unterhaltsberechtigt. Bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts ist das Nettoeinkommen maßgeblich. Von dieser Berechnungsgrundlage sind Abzüge möglich, zum Beispiel für die ehebedingte oder unbedingt notwendige Zahlung von Schulden des anderen Ehegatten. In der Regel werden solche Zahlungen nur dann berücksichtigt, wenn sie vor der Trennung getätigt wurden – oder, wenn sie nach der Trennung nachweislich notwendig waren.

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